Geldwäscheprävention: Neue Auslegungs- und Anwendungshinweise der BaFin für Kreditinstitute

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) hat am 08.06.2021 ihre Auslegungs- und Anwendungshinweise („AuA“) – Besonderer Teil für Kreditinstitute – zum Geldwäschegesetzes („GwG“) veröffentlicht (dl_ae_aua_bt_ki_gw.pdf (bafin.de). Mit den AuA will die BaFin Kreditinstitute, bei denen es sich um Verpflichtete nach dem GwG handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG), bei der Umsetzung ihrer gesetzlichen Pflichten unterstützen.

Konkret geht es um die ordnungsgemäße Umsetzung der gesetzlich vorgegebenen Sorgfaltspflichten unter Berücksichtigung eines risikobasierten Ansatzes. Dabei berücksichtigt die BaFin insbesondere die Ergebnisse der Ersten Nationalen Risikoanalyse im Bereich „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ („NRA“). Gemäß § 5 Abs. 1 S. GwG ist diese von den Verpflichteten bei der eigenen Risikoanalyse zu beachten.

Die BaFin thematisiert in ihren AuA die folgenden Bereiche:

  • Herkunft der Vermögenswerte bei Bartransaktionen;
  • Immobilientransaktionen;
  • Investmentgeschäft;
  • Konsortialkredite;
  • Korrespondenzbankbeziehungen;
  • Monitoringsysteme;
  • (Sammel-)Treuhandkonten und
  • Trade Finance.

Im Einzelnen:

  1. Herkunft der Vermögenswerte bei Bartransaktionen

Die NRA hat Bargeld- und Edelmetallgeschäften ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zugeschrieben. Dies stell eine Herausforderung für Kreditinstitute dar.

Sie sind verpflichtet, bei bestimmten Bartransaktionen mit Gelegenheits- und Bestandskunden (bei Gelegenheitskunden ab EUR 2.500,- und bei Bestandskunden grundsätzlich ab EUR 10.000,-) aussagekräftige Belege als Herkunftsnachweis einzufordern. Nach dem – nicht abschließenden – Katalog müssen die folgenden Dokumente vorliegen, damit eine Transaktion mit Gelegenheitskunden durchgeführt werden darf:

  • ein aktueller Kontoauszug bzgl. eines Kontos des (Lauf-)Kunden bei einer anderen Bank, aus dem die Barzahlung hervorgeht;
  • Barauszahlungsquittungen einer anderen Bank;
  • Verkaufs- und Rechnungsbelege (z.B. Belege zum Autoverkauf, Goldverkauf) oder
  • Schenkungsverträge.

Das Kreditinstitut kann selbstständig entscheiden, welche weiteren Belege es für den Nachweis der Herkunft akzeptiert. Bestandskunden können diese Dokumente auch nachreichen.

Bei Geschäften außerhalb einer Geschäftsbeziehung sollen die Kreditinstitute auch Informationen zu einem möglichen wirtschaftlichen Berechtigten einholen. Hinsichtlich dieser Belege gelten die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten des § 8 GwG.

  1. Immobilientransaktionen

Auch bei Immobilientransaktionen fordert die NRA wegen der hohen Geldwäscherisiken besondere Aufmerksamkeit von Kreditinstituten, sofern diese in die Transaktionen eingebunden werden oder in deren Ausgestaltung beratend tätig sind.

Kreditinstitute, die nach dem GwG ein wirksames Risikomanagement (§ 4 GwG) vorhalten müssen, müssen im Rahmen der Risikoanalyse bei der Risikoermittlung relevante Sachverhalte erkennen. Das heißt, Kreditinstitute haben Maßnahmen zur entsprechenden Sachverhaltsaufklärung vorzunehmen. Der Umfang der Sachverhaltsaufklärung hat sich an dem risikobasierten Ansatz zu orientieren, muss also je nach Art der Einbindung in die Transaktion erfolgen. Hinweise auf mögliche Geldwäschehandlungen der Beteiligten können dabei sein:

  • höhere Barzahlungen im Zusammenhang mit Immobilientransaktionen;
  • (teilweise) Kaufpreiszahlung durch einen Dritten ohne plausiblen Grund oder
  • Immobilientransaktionen, bei denen der wirtschaftlich Berechtigte auf Käufer- oder Verkäuferseite nur schwer zu ermitteln ist, insbesondere wenn ein Auslandsbezug besteht.

Zusätzlich haben Kreditinstitute die aktuellen Hinweise und Typologiepapiere der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Finanical Intelligence Unit – „FIU“) zu beachten und in die Risikobewertung einzubinden.

  1. Investmentgeschäft

Die AuA enthalten Ausführungen zu den Pflichten von Kreditinstituten für ihre geschäftlichen Beziehungen zu Fonds bzw. Investmentvermögen und deren Kapitalverwaltungsgesellschaften („KVG“).

Kreditinstitute müssen prüfen, ob ein Vertragspartner für einen „wirtschaftlichen Berechtigten“ tätig ist. Sie sind verpflichtet, Informationen zu Art und Zweck der Geschäftsbeziehung einzuholen und zu bewerten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 GwG). Bei der Risikobewertung einer Geschäftsbeziehung zu einer KVG sind die investmentrechtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen. So muss das Kreditinstitut zur Beurteilung von Art und Zweck der Geschäftsbeziehung nicht nur Informationen zur KVG sammeln, sondern auch Informationen zur Fonds- und Anlegerstruktur erheben. Dabei kommt es darauf an, ob Anleger als wirtschaftlich Berechtigte am Investmentvermögen vorhanden sind. In dem Fall sind mindestens der Name und ggfs. auch weitere Identifizierungsmerkmale zu dokumentieren. Dabei darf sich das Kreditinstitut regelmäßig auf die von der KVG erhaltenen Informationen verlassen.

Es wird klargestellt, dass die Erfassung eines – fiktiven – wirtschaftlichen Berechtigten bei Publikumsinvestmentvermögen nicht erforderlich ist.

  1. Konsortialkredite

Bei bestimmten Finanzierungsformen können die Konsorten/Förderbanken und Bürgschaftsbanken auf den Konsortialführer/die Hausbank als Dritten zur Erfüllung der kundenbezogenen Sorgfaltspflichten zurückgreifen, wenn sie die in § 17 Abs. 1 bis Abs. 4 GwG genannten Regelungen beachten. Die Konsorten/Förder- und Bürgschaftsbanken müssen dabei dafür sorgen, dass der Konsortialführer bzw. die Hausbank die Anforderungen des § 17 Abs. 3 GwG erfüllt.

Der Konsortialführer/die Hausbank hat andersherum die Konsorten/Beteiligten zu identifizieren, wobei grundsätzlich vereinfachte Sorgfaltspflichten nach § 14 GwG ausreichen. Die Sorgfaltspflichten werden somit auf die verschiedenen Geschäftspartner verteilt.

  1. Korrespondenzbankbeziehungen

Ein Schwerpunkt der AuA sind die Ausführungen zu Korrespondenzbankbeziehungen. Ihnen schreibt die BaFin Ergebnisse der NRA ein hohes Geldwäscherisiko zu. Eine Korrespondenzbankbeziehung ist eine spezielle Art einer Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 GwG zwischen einem Korrespondenten (Erbringer von Dienstleistungen) und einem Respondenten (Inanspruchnehmer von Dienstleistungen).

Allgemeine Sorgfaltspflichten

Der Korrespondent muss den Respondenten gemäß den allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 1 GwG mindestens mit folgenden Maßnahmen prüfen:

  • Identifizierung des Respondenten und der ggfs. für ihn auftretenden Personen (§ 11 Abs. 4 u. § 12 Abs. 1, 2 GwG);
  • Abklärung des/der wirtschaftlich Berechtigten des Respondenten (§ 11 Abs. 1, 5 GwG);
  • Einholung und Bewertung von Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung;
  • Feststellung mit angemessenen und risikoorientierten Verfahren, ob es sich bei dem/den wirtschaftlich Berechtigten um eine politisch exponierte Person („PeP“), ein Familienmitglied oder eine andere nahestehende Person handelt;
  • Kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung einschließlich der Transaktionen, die in ihrem Verlauf durchgeführt werden.

Verstärkte Sorgfaltspflichten

Der Korrespondent hat zusätzlich verstärkte Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wenn:

  • eine grenzüberschreitende Korrespondenzbankbeziehung mit einem Respondenten mit Sitz in einem Drittstaat vorliegt;
  • ein wirtschaftlich Berechtigter des Respondenten eine PeP ist oder in einem von der Europäischen Kommission nach Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 ermittelten Drittstaat mit hohem Risiko niedergelassen ist; oder
  • es sich um eine Korrespondenzbankbeziehung mit Respondenzbanken in einem EWR-Staat handelt, der nach einer Beurteilung des Verpflichteten ein erhöhtes Risiko zugeschrieben wurde.

Ferner sind die Bewertungen der NRA in der institutsspezifischen Risikoanalyse zu berücksichtigen.

Ist eine der Voraussetzungen erfüllt, muss der Korrespondent die folgenden verstärkten Sorgfaltspflichten ergreifen:

  • Informationen über den Respondenten einholen,
    • um die Art seiner Geschäftstätigkeit in vollem Umfang zu verstehen,
    • um seine Reputation zu kennen,
    • um seine Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung zu kennen und
    • um die Qualität der Aufsicht seines Sitzlandes bewerten zu können.
  • Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene vor Begründung einer Geschäftsbeziehung einholen,
  • sicherstellen, dass das Korrespondenzinstitut keine Geschäftsbeziehung mit einem Respondenten begründet oder fortsetzt, von dem bekannt ist, dass seine Konten von einer Bank-Mantelgesellschaft genutzt werden,
  • gewährleisten, dass der Respondent keine Transaktionen über Durchlaufkonten zulässt.

Interne Sicherungsmaßnahmen

Kreditinstitute müssen gem. § 25h Abs. 3 Kreditwesengesetz („KWG“) einzelne Transaktionen u.a.  auf Geldwäsche und strafbare Handlungen untersuchen, wenn die Transaktionen besonders komplex, groß oder ungewöhnlich ablaufen oder keinen offensichtlichen oder rechtmäßigen Zweck haben.

Ob eine Transaktion in Korrespondenzbankbeziehungen auffällig ist, wird anhand von Informationen des gesamten KYC-Prozesses über die Art und das Ausmaß der Geschäftstätigkeit sowie anhand des Kundenportfolios des Respondenten bestimmt.

  1. Monitoringsysteme

Die neuen AuA der BaFin enthalten Ausführungen zur korrekten Ausgestaltung von Datenverarbeitungssystemen (Monitoring- und Screening-Systeme). Kreditinstitute müssen diese gem. § 25h Abs. 2 S. 1 KWG betreiben, um Geschäftsbeziehungen und einzelne Transaktionen im Zahlungsverkehr zu erkennen, die Anhaltspunkte für Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstige strafbare Handlungen aufweisen.

In konkreten Hinweisen zur Auswahl und Beschaffenheit der Datenverarbeitungssysteme fassen die Leitlinien zusammen, wann die verwendete Software geeignet ist und welche Anforderungen an die Funktionsfähigkeit der Datenverarbeitungssysteme bestehen. In ihren AuA erklärt die BaFin auch, wie eine ordnungsgemäße und gesicherte Dokumentation erfolgen sollte und welche Voraussetzungen Personen erfüllen müssen, die das System verwenden.

Mit Hinweisen, unter welchen Voraussetzungen ein Kreditinstitut auf ein Datenverarbeitungssystem verzichten oder in das Ausland auslagern kann, schließt dieser Absatz der BaFin-Informationen. So müssen sich Kreditinstitute fortlaufend von einem Wirtschaftsprüfer verifizieren lassen, dass ein Verzicht auf ein Datenverarbeitungssystem angemessen ist. Das Verbot der Auslagerung eines Datenverarbeitungssystems ins Ausland gilt nur für Hochrisikodrittstaaten und nicht für sämtliche Drittstaatetn.

  1. (Sammel-)Treuhandkonten

Obwohl die BaFin bei Sammeltreuhandkonten ein besonderes Geldwäscherisiko sieht, lassen sich den AuA Hinweise entnehmen, bei welchen Sammelkonten vereinfachte Sorgfaltspflichten (§ 14 GwG) bereits tragen. Dazu zählen Konten für Klassenkassen, Kegelclubs, Heimbewohner oder ähnliche Konstellationen. Teilweise werden sogar Konten von Inkassounternehmen als besonders risikoarm eingeschätzt, etwa bei Inkassoleistungen im Gesundheitswesen. Außerdem sind bei Sammeltreuhandkonten von Kunden, die selbst Verpflichtete nach dem GwG sind und unter Aufsicht der BaFin stehen, vereinfachte Sorgfaltspflichten ausreichend. Bei den beiden letztgenannten Fällen ist eine sorgfältige Risikobeurteilung des Vertragspartners unumgänglich.

  1. Trade Finance

„Trade Finance“, die Finanzierung und Absicherung des Außenhandels durch Nichtbanken mit Hilfe von Kreditinstituten, bergen aufgrund komplexer Strukturen und des Auslandsbezuges nach Einschätzung der NRA ein hohen Geldwäscherisiko. Die Ausführungen in den AuA befassen sich mit den Anforderungen bei kurzfristigen, dokumentär gesicherten Zahlungsinstrumenten wie dem Dokumenteninkasso oder Akkreditiven.

Um ihre Sorgfaltspflichten erfüllen zu können, sollen die Kreditinstitute unter Berücksichtigung von Branchenstandards (etwa UCP 600 oder ICC) ein Verständnis für die Geschäftstätigkeit ihrer Kunden entwickeln, in dem sie sich über die Geschäftsländer, die genutzten Handelsrouten, die maßgeblichen Waren und die involvierten Geschäftspartnern informieren.

Das müssen sie auch, wenn sie von nun an sogar einzelne Transaktionen auf Plausibilität prüfen. Gefordert ist die Stimmigkeit von ausgewiesenem Waren- und Marktwert, von Lieferumfang, von Kontrahenten- und Lieferland und von Transport- und Zahlungswegen im Vergleich zum üblichen Geschäftsgebaren des Kunden in Augenschein zu nehmen und anhand einer Vergleichsgruppe und der Marktsituation sowie der zuvor getätigten Angaben zu prüfen.

Durch die spezifisch auf Kreditinstitute zugeschnitten AuA hat die BaFin die gesetzlichen Vorschriften konkretisiert. Kreditinstitute sind dazu angehalten, die Hinweise der BaFin zeitnah bzw. hinsichtlich Ziff. 1 innerhalb von zwei Monaten aufzugreifen und ihre Geldwäsche-Compliance – sofern erforderlich – anzupassen.

Unser Compliance-Team berät Sie sehr gerne bei Ihrer Risikoanalyse, der Umsetzung der AuA auf Ihr Kreditinstitut sowie zu allen Fragen der Geldwäsche-Compliance.

 

Dr. Marius Haak

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